Ich weiss noch gut, wie ich zu google+ kam, ich war in der Beta-Phase mit dabei, über eine Einladung, eine normale Anmeldung hat noch nicht funktioniert. Alle, die wir dort waren, staunten, es war schick, neu, trendy. Als hätte jemand das Social Network neu erfunden. Und ja, wir meckerten alle sofort los, über Facebook, dessen Ende sofort als sicher angesehen wurde. Good bye, Mark! Man kannte sich, entweder war der Circle-Freund ein Twitter- oder ein Facebook-Kollege. Man war plötzlich sehr gefragt, jeder wollte eine Einladung, teilhaben, an dieser großartigen Erfindung. Gegen g+ wirkte Facebook plötzlich wie ein am Wochenende mit Elternhilfe alleinerziehender Mütter selbst gestrichener Kindergarten. google+ dagegen, das war wie ein Penthouse an der Upper Eastside mit Blick auf die Skyline der virtuellen Onlinewelt. Schick, avantgardistisch, edel, fast schon protzig. Und erst das System der Circle. Plötzlich konnte man entscheiden, den Chef zwar als „Freund“ zu akzeptieren, aber er konnte nicht mehr sehen, was man im privaten Stream schrieb. Wir stolzierten herum, hatten Spass – und keinerlei Nutzen. Denn bis auf ein paar Facebook-Frustrierte ließen wir unsere gewohnten sozialen Netze natürlich weiterlaufen. Man streute immer mal was von g+ ein, damit auch bei Twitter und FB jeder kapierte, dass man jemand mit einer Einladung war. Die ersten Streber schrieben sofort umfangreiche Anleitungen, wie man seine Circles einzurichten hatte.
Und jetzt? Ohne großes Zutun bin ich in fast 1.000 Circles, kenne davon eigentlich niemanden mehr und wundere mich. Ich wundere mich, wie es sein kann, dass ein Unternehmen, das es geschafft hat, Milliarden von Internetseiten für uns aufzubereiten, nicht in der Lage ist, die paar User etwas zu zähmen. Ich bin in Deutschland Ausländerin. Das vorneweg, damit man das nicht falsch interpretiert. Aber wie kann es sein, dass mir Ali Birhina aus West-Bagdad eine Freundschaftsanfrage sendet. Als Avatar einen talibanischen Freiheitskämpfer, in der bio: nichts. Beiträge: null. Einzige Info: male. Oder diese Klarnamen-Pflicht. Mein Twitterkollege XY-Turbo darf sich so nicht registrieren, aber Peter Pornostreifen schon. Google kontrolliert alle Fotos im Web, aber ein Avatar mit einem erigierten Penis, das geht. Jedes 0815-Forum, das von privater Seite non-profit- mäßig geführt wird, hat ein paar Kontrollmechanismen. Bei g+ erhalte ich Anfragen von Menschen, die im Stream ausschliesslich Pornovideos oder Fotos von kopulierenden Menschen zeigen. „Dieser Content ist in Ihrem Land nicht verfügbar“. Geht’s um Urheberrechte, greift die Kontrolle. Geht’s darum, mich vor privatgeilen Idioten zu schützen, interessiert das keine Sau. Ich fühle mich bei g+ mittlerweile ungefähr so wohl wie eine Frau in einer dunklen Tiefgarage, in der alle Frauenparkplätze bereits belegt sind.
Bei Facebook habe ich solche Anfragen nicht. Warum? Weil das Netzwerk langsam und über Jahre gewachsen ist. Frage ich bei Facebook einen mir Fremden, ob er mein Freund sein will, bekomme ich meist als Antwort: „Wieso, kennen wir uns?“
Schreib mal bei Twitter zehn mal als Post „klick hier für meine tolle Faltencreme oder mein geniales Gewinnspiel“. Twitter suspendiert ganz schnell den Account. Selbst unter „Report User“ findet sich bei g+ nur die Frage nach dem Verstoß im Profil, nicht aber im Stream. Fatal! So generiert man schnell Mitgliederzahlen, aber keine echten User.
Und so ist das passiert, was der Worst Case für dieses neue Netzwerk ist: Streams voller Spam, Werbung, Pornos. Dazu frustrierte Benutzer, die entweder gar nicht mehr reinschauen, oder ein paar ganz beknackte, so wie ich, die gelegentlich mal über iStatus einen dreifach post starten, und ihren Senf parallel in FB, Twitter und g+ reinladen.
Dazu eine immer noch nicht funktionierende Handy-App, eine schlecht zu nutzende Web-App und dieser seltsame Messenger, der nur am Handy, nicht aber im Web funktioniert.
Schade, Mensch, ihr habt mit die besten Programmierer und mit das längste Know-how im Internet.
Da macht das Kuschel-Netzwerk „path“, das die Anzahl der „Freunde“ auf 150 begrenzt, ja fast schon alles richtig. Was hätte man aus der ansprechenden Umsetzung von path und dem Know-how eines Konzerns wie google nicht alles machen können?
Und was macht Mark? Er klaut euch die Idee, Mitteilungen auf bestimmte Nutzergruppen zu begrenzen, führt Circles ein, die er Listen nennt, erfindet noch schnell eine Chronik (komisch, kurz bevor google beschließt, sämtliche Dienste zusammenzufassen) und geht entspannt an die Börse.
Hey, google, das ist nicht bös gemeint, aber plötzlich fühl ich mich im Kindergarten fast schon wieder wohl.
Ich habe ja ohnehin schon lange das Gefühl, dass g+ außer für einige wenige, die es mehr oder weniger als Ersatzblog mit Diskussionsfunktion nutzen, für den Normalnutzer absolut keinen Sinn mehr macht. Die meisten posten schon lange nichts mehr und das, was man zu lesen bekommt, ist eher uninteressant.
Von der Tatsache, dass einen die seltsamsten Leute einkreisen ganz zu schweigen. Für mich hat sich g+ längst erledigt. Als vernünftige Alternative zu Facebook sehe ich es schon lange nicht mehr.
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wow – ein toller Bericht über G+ / Facebook.
DER Unterschied ist für mich die Art und Weise wie bei FB und G+ gepostet wird.
G+ empfinde ich eher als modernes Shortblogging. Eine Art Weiterentwicklung zu Twitter. Wobe der mulitmediale Teile dazugekommen ist.
FB ist mehr socializing. Kurze Nachrichten sharen, Status verfassen, etc. Ein wenig Linkedin / Xing für Freunde.
Klasse finde ich die Hangout Funktion bei G+, sofern ich sie nutze.
Facebook besticht durch seine Einfachheit beim Erstellen von Posts.
DER Nachteil bei Facebook – diese verzwickten Einstellungen. Ab und an wird hier ein Menü ergänzt, geändert…. es wirkt nicht wirklich durchdacht. Ich suche immer noch eine funktionierende und dauerhafte Möglichkeit dass mir meine „Freunde“ keine Einladungen zu X-ville senden können! X = Farm, Animal u name it. Zudem nervt diese „Jemand hat dich zum Geburtstagskalender eingeladen….“ oder so. Es nervt!
DER Vorteil von Facebook – es ist „etablierter“ als G+. Ich habe mich nach langer Abstinenz (Account deactivated) wieder angemeldet. Grund? Ungelogen: Ein Gewinnspiel von Teltarif.de. Ich konnte (und tat es auch) 2 kleine Autos für meine Kinder gewinnen. Diese können auf dem iPad fahren, auf einer durch das iPad erzeugten virtuellen Landschaft.
G+ wächst. Es wird aber noch lange dauern, ehe es einen Facebook Status hat – falls es das jemals schaffen wird…..
Aber ich mag deinen doch sehr pragmatischen Bericht über beide….. Ich muss dich wohl mal auf G+ suchen 😉
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Leider erst heute gelesen – sehr geiler Text, Klasse!!!
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Dankeschön 🙂
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