…ich wache auf weil mir jemand pausenlos auf den Kopf schlägt und merke erst nach einer ganzen Weile, dass es dröhnende Kopfschmerzen sind und kann mich an nichts erinnern außer an diese schwärze in der Nacht, als ich versucht hatte, Konturen im Zimmer zu erkennen, was ich immer versuche, wenn ich nachts aufwache, um sicherzustellen, dass ich da bin und nicht wieder unter Wasser gefangen – wie damals. Mich überkommt kurz Panik und ich sehe mich um, aber ich bin allein und wanke in das kleine Bad neben meinem Schlafzimmer und vermeide es, in den Spiegel zu sehen. Das Meer ist grau und trüb und das bedeutet, dass es Sturm geben wird heute und ich klettere in die Dusche und sehne mich nach kaltem Wasser, aber mir wird so schwindlig, dass ich doch lieber heiß dusche und danach muss ich mich erst ein paar Minuten setzen, bevor ich mir ein Handtuch nehme in das ich mich einwickle und nach unten gehe um Kaffee zu kochen.
Ich sitze in der Küche und rauche und schenke mir immer wieder Caffè nach aus der Caffettiera und rauche und starre aus dem Fenster. Ich erinnere mich noch, dass ich vom Leuchtturm zu Piazza gelaufen bin und ein paar Freunde dort waren und mich mitgenommen haben in ein Lokal. Auch dort konnte ich nichts essen und habe Wein bestellt, den der Wirt in einem Glaskrug gebracht hat der so kalt war, dass er außen ganz nass wurde und ich hatte meine Stirn kurz dagegen gedrückt und mich nach etwas gesehnt, dass ich nicht beschreiben konnte. Danach waren wir in einem Club und ich hatte immer mehr getrunken und getanzt und schließlich wird die Erinnerung ein immer dichterer Nebel aus Wortfetzen und Bildern, die sich aber nicht zusammensetzen lassen und ich gebe auf und starre wieder aus dem Fenster aufs Meer, das mittlerweile fast grün ist und die ersten Wellen zerbersten an den vorgelagerten Felsen und schießen als weiße Schaumfontänen in den Himmel.
Dann laufe ich durch das kleine Haus und bleibe immer wieder stehen und überlege verschiedene Sachen ohne eigentlich zu begreifen, was ich denke und verliere mich in der Vorstellung, es sei erst Frühling und der Sommer würde noch kommen und alles wäre wie immer und ich müsste es nicht tun und könnte einfach so weitermachen wie immer.
Gleichzeitig mit dem Beginn des Klingelns des Telefons schlägt der erste Vorbote des heranziehenden Sturms mit lautem Knall ein Fenster zu und mir wird in diesem Moment bewusst, dass der Sommer vorbei ist und vielleicht nie wieder so sein wird wie er war und ich lasse es endlos klingeln bis ich endlich abhebe und es ist Stefano und ich sage lange nichts während sich meine Augen wieder mit Tränen füllen und ich den Hörer kraftlos sinken lasse…
(Aus iL Tedesco – Der Deutsche)
iL Tedesco – Der Deutsche ist soeben als Buch erschienen:
-> Taschenbuch
-> ebook
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