Diese Briefe sind vom Oktober 2010 bis zum Frühjahr 2011 und setzen die Teile ABSCHIED I bis IV fort. Ich habe sie aus dem Italienischen übersetzt und lange überlegt, ob ich sie hier veröffentliche. Aber sie sind nun mal Teil meiner Geschichte. Bitte geht behutsam damit um.
BRIEF 1
München, 14. OKTOBER 2010
Caro Stefano,
ich bin jetzt seit vier Tagen hier und habe Dich seit dem nicht erreichen können. Ich habe Deine SMS bekommen, als ich auf der Fahrt war. Ich weiß nicht, wie oft ich Deine Nummer gewählt habe, wieviele SMS ich schon geschickt habe. Ich habe seit vier Tagen nicht geschlafen und nicht gegessen. Bitte, antworte mir endlich! Du weißt, dass ich nicht hier bin, um Dich zu ärgern, dass ich nicht gerne gegangen bin! Was hättest Du an meiner Stelle getan, wenn Deine Familie Dich gebeten hätte? Es ist doch auch nicht für lange. Ich bin hier in einer großen Wohnung und werde nicht viel draußen sein, Du musst Dir also keine Sorgen machen. Es wird sich doch nichts ändern für uns. Es ist so ungewohnt, hier zu sein. Wenn ich aus dem Fenster schaue sehe ich nur kahle Bäume und Häuser. Alles ist so fremd. Ich weiß nichts von diesem Land, ich spreche die Sprache, aber ich habe das Gefühl, nichts, aber auch gar nichts, zu verstehen. Und es ist kalt hier, Du kannst Dir nicht vorstellen, wie sehr.
Ich war einkaufen, es gibt nur Dinge, die mir nicht vertraut sind, die Leute sind alle sehr beschäftigt, keiner hat Zeit, sich zu unterhalten oder für ein Lächeln. Es kommt mir vor, dass alles hier erstarrt ist.
Nachts fühle ich mich so einsam und alleine, meine Alpträume sind wieder gekommen, so dass ich versuche, erst gar nicht ins Bett zu gehen, sondern tagsüber etwas auszuruhen. Und ich habe diese lange Liste an Anrufen, die ich erledigen muss, davor graut mir auch.
Bitte, gib mir eine kurze Nachricht, nur ein Wort, einen Satz, irgend etwas. Ich komme so schnell wie möglich zurück, und dann wird alles wieder, wie es war.
Du kannst meine Tränen jetzt nicht sehen, aber ich sende Sie Dir mit.
Ich liebe und vermisse Dich
Deine Chiara
Traurig, den ganzen Schmerz und dein Leiden aus einem einzigen Brief lesen zu koennen, der klarer nicht sein koennte 😦
Du schaffst das!
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